Weine mit persönlichkeit

Als ich 1996 mein Diplom als Ingenieur für Weinbau und Kellerwirtschaft erhielt, dachte ich, die Weinwelt wäre eher traditionsbezogen und somit eher statisch. Vor allem würde sie sich nicht modischen Tendenzen unterziehen wie so manche andere Handelsgebiete.

Heute bald 20 Jahre später bin ich dafür sehr dankbar, dass ich aus diesem „Traum“ aufgewacht bin. Heute sind Weine zum Beispiel aus Chile oder Argentinien nach dem berühmten Vorbild Bordeaux landauf landab zu bekommen. Ich finde, dass viele dieser Produkte sicherlich sehr gut gemacht sein können. Dabei stellt sich mir aber als Önologe sofort die Frage, ob es nicht andere, ursprüngliche und somit vielleicht interessantere Rebsorten dort gibt.

 

Eine zentrale Frage und ein leider sehr breit getretenes Thema ist das so oft zitierte Terroir. Es bezeichnet eine Vielzahl von Einflüssen auf einen Rebberg und wie diese ihn und den daraus gewonnen Wein wirklich einmalig machen. Diese Frage in Kürze zu erklären ist unmöglich. Jedenfalls ist sie im Eigentlichen das, worum es uns bei PersoVino geht.

Da es immer mehr Weine gibt, die eher gleich schmecken und ohne deutliche Ecken und Kanten daher kommen, also wie das oben bemühte Beispiel der Chilenischen Bordeaux Blends, habe ich feststellen können, dass es viele Kunden gibt, die Weine nach wie vor „erleben“ möchten. Ein Wein, der sich im Laufe des Abends verändert, sich aufbaut, und immer facettenreicher wird, habe ich in meiner Laufbahn zu vielen Gelegenheiten wesentlich spannender und beeindruckender gefunden als die allzu glattgebügelten und eher auf Gefälligkeit getrimmten Pendants.

Persovino - verlorener Wein:

Nach mehr als 20 Jahren internationaler Tätigkeit in der Leitung von Weingütern, war es mein langgehegter Wunsch, wieder einmal mehr mit den Winzern und ihren Weinen zu tun zu haben, durch die ich eigentlich zum Studium und zur Liebe zu diesem wunderbaren Produkte eigentlich kam: Wir wollten ihre Weine importieren und ihnen helfen, sich zu etablieren.

Als meine Frau, Renata und ich dabei waren, den Namen für unser Unternehmen zu finden, dachten wir zum einen an die Persönlichkeit des Winzers, dann des Weines aber auch die des Kunden. Als wir dann auf den ersten Messen unsere Weine anboten, meinten viele Kunden: „Sie, was wollen Sie eigentlich mit dem Namen ausdrücken? Das bedeutet doch verlorener Wein auf Italienisch!“. Ironischerweise fand ich, passte der Name noch besser – es geht uns darum, Weine anzubieten, wie sie kaum noch hergestellt werden – also verlorene Weine.

Persönlichkeit und wein

Eine Pflanze ist auf den Transport von Nährstoffen angewiesen. Dies kann nur stattfinden, wenn zum einen Wasser und ein Transportmedium gleichzeitig vorhanden sind. Ist dies nicht der Fall, wird die Pflanze eine Mangelerscheinung erleiden. Wir als Winzer sind dann gezwungen, dies im Wein auszubessern.

Nach viel Fragen und Suchen habe ich die Antwort zu wirklichem Terroir finden können: Das ist langfristige und richtig angewandete Biobewirtschaftung. Dadurch wird zum einen Humus aufgebaut, der als Wasserspeicher wichtig ist. Und zum anderen werden die tierischen und pflanzlichen Austauschvorgänge im Boden reaktiviert und stabilisiert.

Die Folge sind die Aufnahme von für die Pflanze wesentlichen Mikronährstoffe. Ohne diese können wesentliche Funktionen wie die Eiweißsynthese in den Trauben nur eingeschränkt oder gar nicht stattfinden. Eiweiße sind zentral in der Versorgung von Hefen letztendlich in der Gärung. Aber ein ganz wesentlicher Punkt: Dadurch werden die Weine vielschichtiger, meistens auch langlebiger und auf alle Fälle komplexer. Ein solches Produkt lässt sich eindeutig von Trauben, die 5 m entfernt und auf völlig verödetem Boden standen, unterscheiden.

Somit können diese Weine als solche mit Persönlichkeit bezeichnet werden. Oder besser: Verlorene Weine in einer Welt von eher monochromen Getränken, die den Namen Wein meist eher zufällig tragen.

Vegane Weine

Vielfach werden wir gefragt, ob unsere Weine vegan sind. Weine sind nicht per se vegan, wie viele Kunden glauben. Das, was sie eigentlich vegan macht, sind nur die Schönungsmittel und deren Herkunft. Die meisten Schönungsmittel sind tierischen Ursprungs und hinterlassen u.U. tierische Eiweiße im Wein. Schönungsmittel sind Produkte, die kurz vor der Flaschenfüllung dazugegeben werden, um mit bestimmten biochemischen Gruppen zu reagieren und diese zu binden und auszufällen.

Bei der Frage, welche Produkte eigentlich ausgefällt werden müssen, geht es in erster Linie um Gerbstoffe. Diese reagieren mit Eiweißen als Bindungspartner. Die Winzer, die in unserem Programm vegan arbeiten, haben sich dazu einige Methoden einfallen lassen.

In erster Linie ist der Gerbstoffeintrag durch allzu hartes Auspressen auf der Presse zu verhindern. Dann lassen sich allzu hohe Gerbstoffeinträge durch modernste Kellermethoden minimieren. Ein ganz besonders wichtiger Faktor spielt auch die Dauer der Pressung. Je länger gepresst wird und in kleineren Etappen der Druckaufbau stattfindet, umso weniger Gerbstoffe werden ausgespült. Ebenso lassen sich die gerbstoffreichen Pressmoste auf sehr einfache Weise vom Hauptmost abtrennen und getrennt verarbeiten. Dann können die verbleibenden Weine im Fass verkauft werden.

In der Weinverarbeitung ist ein entscheidender Faktor die Hefe, weil diese von sich aus schon sehr viel Eiweiß enthält. Die meisten unsrer Winzer arbeiten gezielt mit einem längeren Hefelager. Die Weine bleiben länger auf der Hefe als andere Weine, wobei diese regelmäßig aufgerührt wird. Dadurch verbinden sich die Gerbstoffe mit den Hefen und werden schließlich ausgefällt. Als wichtiger Haupteffekt werden die Weine langlebiger.

Meistens werden die Weine eher manipuliert, die schnell auf die Flasche gebracht werden müssen und bei denen es den Winzern an Zeit und leider u.a. an Erfahrung mangelt. Da wir gezielt solche Produzenten suchen, die nach eher traditionellen Methoden arbeiten und die den Wert der darin enthaltenen Zusammenhänge für sich und die Langfristigkeit ihrer Arbeit erkannt haben, drängen wir auch nicht auf eine vegane Zertifizierung.

Wenn ein Produzent dies von sich aus tut, ist uns das sehr recht. Durch die Biozertifizierung entstehen den Produzenten bereits sehr hohe zeitliche und finanzielle Aufwendungen. So sehe ich es als angemessen an, wenn die Produzenten uns schriftlich mitteilen, ob die Weine vegan sind oder nicht, und die Produzenten nicht auch noch einer weiteren Zertifizierung unterliegen müssen. Wir werden sicherlich das Thema vegane Weine in Zukunft stärker vorantreiben und den Produzenten auch mit Rat und Tat zur Seite stehen.

 

Unser Ziel sollte es stets sein, dem Kunden „reinen“ Wein einzuschenken – Zum Wohl!

 

Ihr Jan Kux